Stellungnahme zu den Montagsdemonstrationen von Impfgegnern

Veröffentlicht am 05.03.2022 in Fraktion
 

Eine Demokratie muss viel ertragen können, auch gegensätzliche und radikale Meinungen. Damit Demokratie funktioniert, braucht sie einen von der deutlichen Mehrheit getragenen Grundkonsens von der Würde des Menschen, von der Staatsgewalt, die vom Volke ausgeht, und einen Freiheitsbegriff, der immer mit Verantwortung gekoppelt ist. Verantwortung und Freiheit dürfen nie nur auf sich selbst reduziert werden, sondern müssen auch Gesellschaft und Umwelt einschließen. Die Bundesrepublik hat sich mit dem Grundgesetz eine vorbildliche Verfassung geschaffen. Um die Menschen vor unangemessenem bis zu rechtswidrigem Zugriff des Staates zu schützen, sind in ihr Grundrechte und Rechtsstaatlichkeit mit einem starken Verfassungsgericht verankert. Dazu braucht es freie und unabhängige Medien, die Missstände anprangern können. Doch eine Demokratie muss nicht alles ertragen, sie muss sich auch wehren können, um diesen Grundkonsens verteidigen zu können. Um aus den Fehlern der Weimarer Republik zu lernen, ist die wehrhafte Demokratie entstanden.

Zur Frage der Impflicht und der getroffenen Corona-Maßnahmen kann man durchaus unterschiedlicher Meinung sein und dies auch artikulieren. Wenn Demonstranten aber dagegen mit der Behauptung demonstrieren, wir lebten in einer „Corona-Diktatur“, verlassen sie den Boden des notwendigen Grundkonsenses. Wie eine Diktatur mit Demonstranten umgeht, der möge bitte nach Belarus, Kasachstan oder Hongkong schauen. Wer auf dem bequemen Sofa eines funktionierenden Rechts- und Sozialstaats mit „Freiheits-Rufen“ sich als Widerstandskämpfer in Szene setzt, der handelt nicht nur unglaubwürdig, sondern beschädigt in unverantwortlicher Weise unser demokratisches System. Wer zudem zu „Montagsspaziergängen“ aufruft, Parolen benutzt wie „Wir sind das Volk“ und wie in Lörrach geschehen vor der Stele jüdischer Opfer des Holocaust sich produziert, der handelt nicht nur geschichtsvergessen, sondern missbraucht in schlimmster Weise Beispiele aus der Geschichte. Als 1989 zigtausende Menschen in Leipzig sich zu Montagsdemonstrationen trafen und „Wir sind das Volk“ riefen, protestierten sie gegen einen Unrechtsstaat und wussten nicht, ob für das in den Seitenstraßen bereitstehende Militär nicht doch noch ein Schießbefehl erteilt würde. Auch die das Kapitol stürmenden Trump-Anhänger haben „Wir sind das Volk“ gebrüllt. Wer sich mit den jüdischen Opfern des Nazi-Rassismus vergleicht, verharmlost damit gleichzeitig das millionenfache Morden. Vielerorts mischen Rechtsextreme bei Protestaktionen mit. Daher müssen auch „besorgte“ Bürger sich überlegen, wen und was sie mit ihrer Teilnahme unterstützten. Auch das gehört zur demokratischen Verantwortung.
Es ist unerträglich, dass sich immer mehr Gegner der staatlichen Corona-Maßnahmen als „Opfer“ und „Ausgegrenzte“ präsentieren. Opfer sind die an Covid Verstorbenen, schwer Erkrankten und an den Folgen Leidende, schwere Opfer müssen die Kräfte in den Krankenhäusern und Pflegeheimen bringen; ausgegrenzt werden die, die auf Grund von Vorerkrankungen nicht am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können, weil sich immer noch zu wenige geimpft haben. Dennoch hat sich eine deutliche Mehrheit von fast 75% in freier Entscheidung impfen lassen, das ist die Mehrheit, das ist das Volk, wenn man so will.
Unerträglich ist, wenn impfende Ärzte als „Mörder“ und „Verbrecher“ bezeichnet werden, wenn Gewaltaufrufe und Hetzte gegen Impfbefürworter zunehmen, wenn Politiker bedroht und Aufmärsche vor ihren Privathäusern inszeniert, wenn Medienvertreter und Polizisten attackiert werden. Zynisch ist es, wenn dann aus diesen Kreisen „Freiheit“ gerufen wird. Es kann nicht sein, dass eine Minderheit viel zu lange den öffentlichen Raum für sich in Anspruch nimmt. Es wird Zeit, dass die Zivilgesellschaft, die die Mehrheit stellt, sich eine Stimme verschafft und deutlich macht, was nun notwendig ist: Verantwortung und Solidarität für die durch die Pandemie Bedrohten. Schützen wir unsere demokratischen Institutionen und schützten wir alle Menschen, die durch Impfen unsere Gesellschaft schützen. Diese Stellungnahme soll ein überparteilicher Anfang sein.

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